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Als die Partei, zu der Bodo Ramelow gehört, noch SED hieß, bewies sie eine erstaunliche Unempfindlichkeit, wenn es darum ging, sich in ihrem Kurs auch von notdürftig gereinigten Nazis unterstützen zu lassen. Für Kader des Dritten Reichs, die in der sowjetischen Besatzungszone nach 1945 umschwenkten, gründeten die sowjetischen Verwalter eine eigene Blockpartei, die Nationaldemokratische Partei Deutschlands, NDPD. Darin machte beispielsweise Wilhelm Adam Karriere, Mitglied der SA, Träger des Blutordens, dann, in der NDPD, 1950 bis 52 sächsischer Finanzminister. Danach baute er als Oberst die Kasernierte Volkspolizei auf, den Vorläufer der NVA.

Der frühere NS-Gaustudentenführer Thüringens Siegfried Dallmann führte bis 1989 die NDPD-Fraktion in der DDR-Volkskammer. Egbert von Frankenberg und Proschlitz, alter Kämpfer der NSDAP mit Eintrittsdatum 1931, Mitglied der SS und der Legion Condor, wurde als NDPD-Kader militärpolitischer Kommentator des DDR-Rundfunks; dem Hauptausschuss der NDPD gehörte er bis 1989 an.

Derartige Karrieren finden sich auch reichlich in der SED, nicht nur in ihrer Hilfstruppe. Ernst Großmann etwa, ehemaliger Unterscharführer der SS und Wachmann im KZ Sachsenhausen, stieg in das ZK der SED auf, wo er 1959 zwar wieder entfernt wurde – aber in der Partei durfte er bleiben. Der Jurist Ernst Melsheimer, Landgerichtsdirektor ab 1933, Berliner Kammergerichtsrat ab 1937, Mitglied im Nationalen Rechtswahrerbund, Träger der Treuemedaille des Führers, vorgeschlagen als Reichsgerichtsrat 1944 (die Stelle konnte er nicht mehr antreten), wurde 1949 als SED-Genosse Generalstaatsanwalt der DDR, wo er etliche Todesurteile durchsetzte. Melsheimers Urne – er starb 1960 – liegt bis heute in der Gedenkstätte der Sozialisten in Berlin.

Erich Hans Apel, einer der wichtigsten Männer im Entwicklungsteam für die V2 und technischer Leiter der Peterbau GmbH, die im KZ Dora-Mittelbau die V2-Raketen produzierte, stieg zum Chef der zentralen DDR-Plankommission auf. Apel endete 1965 durch Kopfschuss in seinem Büro, offiziell wurde sein Tod zum Suizid erklärt. Möglicherweise stimmte das, möglicherweise nicht, denn Apel war über einen Handelsvertrag mit der Sowjetunion in Opposition zu Walter Ulbricht geraten. Seine Genossen kannten jedenfalls Apels NS-Vergangenheit, und sahen sie nicht als hinderlich an.

Das galt auch für andere Bereiche, etwa den der Kultur. Der Autor Erwin Strittmatter wurde 1959 Erster Sekretär des DDR-Schriftstellerverbandes. Um seine Vergangenheit als Mitglied des SS-Polizeiregiments 18, das ab 1943 in Griechenland Vergeltungseinsätze gegen die Zivilbevölkerung durchführte, wussten die Funktionäre der SED, störten sich aber nicht daran. Strittmatter bewies seine Loyalität, er arbeitete als Informant für die Staatssicherheit, als Autor befürwortete er die Ausbürgerung von Wolf Biermann und den Ausschluss Reiner Kunzes aus dem DDR-Schriftstellerverband.
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